22.06.2017 - Fruchtansatz Äpfel nach kaltem Frühjahr und Kirschernte beginnt
Die Themen in diesem Newsletter:
- Fruchtansatz bei Äpfeln und Kirschen
- Alternanz bei Elstar geringer als 2016
- Beginn Kirschernte
- Kirschen Selbstpflücken fällt aus wegen geringer Ernte
- Schlechtes Wetter und Frost zur Blüte
- Kirschen einnetzen / Kirschen unter Dach
- Der Schnegel - ein fast unbekannter Nützling im Garten
Liebe Apfelbaumpaten,
liebe Abonnenten des Newsletters,
während wir seit Wochen das Sommerwetter genießen, ist es kaum noch vorstellbar, wie Kälte, Nässe und Frost den Bienen im April die Arbeit schwer gemacht haben und dass um den 20. April morgens die Apfelblüten nach starkem Nachtfrost unter einem dicken Eispanzer lagen.
Trotzdem ist es so und das schlechte Wetter zur Obstblüte ist nicht folgenlos geblieben: Es ist nun zu erkennen, ob und wie viele Früchte an den Bäumen wachsen. Die Menge der Blüten, die sich zu Früchten entwickeln, nennen wir im Obstbau "Fruchtansatz". Das schlechte Wetter während der Blüte hat die Befruchtung der Blüten stark behindert und einen guten Fruchtansatz verhindert. In diesem Jahr erwarten wir deshalb bestenfalls eine mittlere Erntemenge, sowohl bei Kirschen als auch bei den Äpfeln. Diese Einschätzung betrifft den Gesamtertrag unserer Anbaufläche, ist also ein geschätzter Mittelwert aller Sorten und aller Bäume. Der Ertrag des einzelnen, individuellen Baumes schwankt naturgemäß von Jahr zu Jahr und so kann Ihr individueller Apfelbaum auch vom Durchschnitt abweichen.
Diese natürliche, jährlich wechselnde Erntemenge des Baumes bezeichnet man als „Alternanz“ und einige Apfelsorten neigen mehr zu Alternanz als andere. Besonders anfällig dafür ist z.B. der Elstar (siehe Newsletter vom März 2015, Baumschnitt und Alternanz). Im letzten Jahr zeigten die Elstar einen sehr unregelmäßigem Fruchtansatz. Auch in diesem Jahr sind die Elstar noch nicht ganz wieder im Gleichgewicht aus Wachstum und Ertrag, aber das Bild ist schon einheitlicher als im letzten Jahr.
Was ist "Alternanz"?
Für alle neuen Baumpaten eine kurze Erklärung:
Die Erntemenge eines Baumes hat über die Jahre einen wellenförmigen Verlauf. In einem Jahr trägt der Baum mehr Äpfel, zeigt aber wenig Wachstum im Holz. Im nächsten Jahr gleicht er das geringe Wachstum wieder aus, also treibt er sehr stark aus, produziert aber sehr wenige Äpfel. Diese alternierende Erntemenge ist ganz normal. Man versucht, die Schwankungen durch gezielten Baumschnitt, die richtige Ernährung des Baumes, (also exakt bemessene Düngergaben) und Ausdünnen der Früchte möglichst gering zu halten.
Der Baum soll in ein Gleichgewicht von Wachstum und Fruchtproduktion kommen. Einige Apfelsorten, darunter der Elstar, neigen zu stark ausgeprägter Alternanz. Der Baum trägt dann entweder ganz viele oder ganz wenige Früchte.
20-kg-Garantie
Machen Sie sich trotzdem keine Sorgen um Ihre Apfelernte. Es gilt die 20-kg-Garantie, Untermengen füllen wir auf. Auch uns wäre es viel lieber, an jedem Apfelbaum in jedem Jahr zuverlässig 20 kg oder mehr Früchte zu haben. Aber auf die Natur haben wir nur begrenzten Einfluss. Und wenn ausgerechnet an Ihrem Baum ganz wenige Äpfel sind, dann zeigen wir Ihnen einen anderen Baum, von dem Sie Ihre garantierten 20 kg pflücken können.
Dafür brauchen wir beim Erntefest im Herbst genügend freie Bäume. Deshalb sind ab sofort nur noch die Sorten Elstar und Red Jonaprince für neue Baumpatenschaften verfügbar. Die restlichen freien Bäume der anderen Sorten haben wir als Ausweichbäume für den Herbst reserviert.
Die Kirschernte beginnt:
Die Kirschen haben sortenübergreifend durchweg gut geblüht, trotzdem ist der Fruchtansatz nur gering. Der heiße Mai hat die Entwicklung der Früchte begünstigt, aber es wachsen nur wenig Kirschen an den Bäumen.
Ab dem kommenden Wochenende gibt’s die ersten frischen Kirschen im Hofladen - lecker, lecker, lecker!
Kirschen Selbstpflücken fällt aus:
Zum Selbstpflücken müssen genug reife Kirschen am Baum sein, die auch ohne Leiter gut erreichbar sind. Sonst macht es den Erwachsenen keinen Spaß und den Kindern erst recht nicht. Es ist leider nicht zu ändern: Es sind nicht genug Kirschen gewachsen. Die Frühaufsteher würden wohl ein paar reife Kirschen finden, wer aber später oder erst am Sonntag Zeit hat, stünde vor leeren Bäumen oder unreifen Früchten. Wir können leider beim besten Willen in diesem Jahr nicht zum Kirschenpflücken einladen und das Selbstpflücken fällt in diesem Jahr aus.
Mit herzlichen Grüßen aus dem Alten Land,
Apfelpatenhof
Axel Schuback
Fruchtansatz bei Äpfeln:
Schlechtes Wetter und Frost zur Blüte:
Während der Obstblüte hat es mehrmals Frostnächte mit Temperaturen von -1°C bis -3°C gegeben. Die Apfelblüten konnten wir durch den Einsatz der Frostschutzberegnung vor Frostschäden bewahren. Viele von Ihnen haben bestimmt die Bilder aus der Frostschutzberegnung im Newsletter vom April gesehen. Auf unserer Facebook-Seite gibt es zwei Filme von einem Rundgang durch die vereisten Apfelblüten am Morgen nach der Beregnung zu sehen: Hier klicken.
Bestäubung & Befruchtung:
Bedingt durch die kalte Witterung während der Blüte haben sich die Apfelbäume sehr langsam entwickelt. Die Blüte hat sich bei den Kirschen und Äpfeln über einen Zeitraum von fast sieben Wochen hingezogen. Das ist im Vergleich zu anderen Jahren sehr lange. Normal sind drei bis vier Wochen und in sehr warmen Frühjahren war die Blüte auch schon einmal nach zwei Wochen vorbei.
Tagsüber lagen die Temperaturen oft nur im einstelligen Bereich. Die Bienen brauchen aber mindestens 10-12°C, um ausfliegen zu können. Während der kurzen Perioden mit gutem Flugwetter wurden nur relativ wenig Blüten beim Honigsammeln durch die Bienen bestäubt. Als „Bestäubung“ wird der Transport von (Blüten-)Pollen auf den Stempel einer Blüte bezeichnet. Der Stempel in der Mitte der Blüte besteht aus der Narbe (oben), dem Griffel in der Mitte und dem Fruchknoten ganz unten.
Sobald der Pollen auf den Blütenstempel getroffen ist, beginnt der Pollen mit dem Pollenschlauchwachstum: Das Pollenkorn wächst von der Narbe durch den Griffel zum Blütenboden, wo sich der Fruchtknoten, die weibliche Eizelle befindet. Die „Befruchtung“ ist die Verschmelzung des Pollenkorns mit der Eizelle im Inneren des Fruchtknotens. Die Befruchtung kann erst im Anschluss an die Bestäubung erfolgen und gibt der Pflanze den Anreiz für die Entwicklung des Fruchtknotens zur Frucht. (Auf der Website www.wildbienen.de wird der Aufbau der Blüte sehr anschaulich in einem Längsschnitt dargestellt.)
Auch dafür ist warmes Wetter notwendig. Die untere Grenze für das Pollenschlauchwachstum liegt je nach Obstart bei 5 bis 10°C. Längere Perioden mit kühler Witterung wirken sich auch aus diesem Grund negativ auf den Fruchtansatz aus. Wenn es aufgrund von ungünstigen Witterungsverhältnissen zu einem geringen Fruchtansatz kommt, so liegt dies nicht nur an dem geringen Bienenflug, sondern häufig auch an der begrenzten Lebensfähigkeit der Samenanlagen und daran, dass der Pollenschlauch zu langsam wächst.
Es kann also vorkommen, dass eine Blüte bestäubt wurde, aber nicht befruchtet ist. In dem Fall entwickelt sich trotz Bestäubung keine Frucht.
Unsere verschiedenen Apfelsorten haben zu unterschiedlichen Zeiten geblüht, hatten hier unterschiedliche Temperaturen und haben auf die Witterung unterschiedlich reagiert.
Zu den einzelnen Sorten:
Holsteiner Cox:
Die Bäume haben sehr stark geblüht, leider gibt es hier trotzdem nur einen mäßigen Fruchtansatz.
Cox Orange:
Die Bäume haben ordentlich geblüht, der Fruchtansatz ist aber nur gering.
Elstar:
Die Bäume haben sehr stark geblüht und zeigen einen guten Fruchtansatz.
Trotzdem haben einige einzelne Bäume nur wenig Äpfel. Die Ursache ist die oben erwähnte Alternanz.
Jonagold:
Die Bäume haben ordentlich geblüht. Der Fruchtansatz scheint OK.
Red Jonaprince:
Ist eng verwandt mit dem Jonagold, deshalb auch hier: Die Bäume haben ordentlich geblüht und der Fruchtansatz ist OK.
Roter Boskoop:
Die Bäume haben sehr stark geblüht, nach der schlechten Ernte im letzten Jahr war das auch zu erwarten.
Das kalte Wetter hat aber die Befruchtung gehemmt, der Fruchtansatz ist gering.
Juni-Fall
Alle Apfelsorten werden im Laufe des Juni noch einige Früchte abwerfen. Dieser Vorgang heißt „Juni-Fall“. Der Baum beendet selbständig das Wachstum von unterentwickelten Früchten. Diese Früchte werden von der Pflanze nicht mehr mit Nährstoffen versorgt, sterben ab und fallen vom Baum.
Als Ergebnis dieser Einschätzung können ab sofort nur noch die Sorten Elstar und Red Jonaprince für neue Patenschaften ausgewählt werden, denn es gilt die 20-kg-Garantie und die restlichen Bäume der anderen Sorten werden gebraucht, um Untermengen aufzufüllen.
Aktuelles vom ObsthofKirschen einnetzen / Kirschen unter Dach:
Bevor die Kirschernte beginnt, werden bei den Süßkirschen die Netze aufgezogen. Sie haben sicherlich die großen Stellagen in einigen Kirschhöfen gesehen. Mit den vereinten Kräften der ganzen Nachbarschaft werden große Netze über die Kirschanlagen gezogen, um die Früchte vor gefräßigen Vögeln zu schützen. Dadurch entfällt das lästige "Sprehen hüten" (Altländer Platt: Sprehen = Stare), also das Verscheuchen der Vögel, das sonst sehr zeitintensiv ist und viel Arbeitskraft bindet.
Ein Teil unseres Kirschhofes hat ein Foliendach. Das Dach verhindert, dass die reifen Früchte bei Regen nass werden und aufplatzen. So können die Kirschen in Ruhe ausreifen und müssen nicht schnell gepflückt werden, wenn die Wettervorhersage Regen ankündigt. Die seitlichen Netze halten die Stare draußen. Für diese besonders dicken, süßen und saftigen Kirschen, die unter dem schützenden Dach gereift sind, hat sich die Bezeichnung "Dach-Kirschen" eingebürgert. Auf der Apfelcam ist das Dach rechts im Bild zu sehen.
Auf diesem Foto von heute Abend ist die Folie zu erkennen, die nass in der Sonne glänzt. Das Dach hat die Unwetter heute gut überstanden, das ist die gute Nachricht. Es ist aber auch zu sehen, dass an den Bäumen fast keine Kirschen hängen. Der Baum rechts im Bild ist noch nicht gepflückt, trotzdem zeichnen sich keine Kirschen gegen den Abendhimmel ab.
Der Schnegel - ein fast unbekannter Nützling im Garten:
Zuerst haben wir auch gelacht, aber so heißt er wirklich und es ist auch wirklich ein „Er“, also „Der Schnegel“. Dr. Ute Jacob, eine befreundete Biologin, hat uns das Tier näher gebracht, als wir eine seltsam aussehende graue Schnecke mit schwarzen Streifen an einem Grabenufer gefunden hatten:
Der Schnegel (Limax Maximus) ist eine große Nacktschnecke. Auf den ersten Blick sieht er eklig aus, aber er ist ein echter Nützling im Garten, denn er vertilgt die braune „Spanische Wegschnecke“, die in einer Nacht ein ganzes Salat- oder Blumenbeet ratzeputz wegfrisst.
Vom Schnegel gibt es zahlreiche verschiedene Arten und fast alle sehen wild aus. Die Zeichnungen reichen vom Leoparden-Muster bis zu Tigerstreifen und kommen in den wildesten Farben vor. Weil er so ungewöhnlich aussieht, wirkt er auf viele Menschen gefährlich und ist in Deutschland vielerorts auf der Liste der bedrohten Arten gelandet. Dabei frisst er nicht nur andere Schnecken, sondern verschmäht frische Pflanzen und lässt den Salat in Ruhe.
Deshalb unsere Empfehlung und Bitte: Wenn Sie einen Schnegel im Garten haben, dann gewähren Sie ihm Unterschlupf in einer ruhigen Ecke im Unterholz und erzählen Sie es weiter! Wenn man die Scheu erst einmal verloren hat, dann sind es faszinierende Tiere. Vom Bierschnegel bis zum Tigerschnegel, unter den folgenden Links können Sie sich ins Thema einlesen und die vielen verschiedenen Farben und Zeichnungen erleben, die der Schnegel zu bieten hat.
Deutsche Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schnegel
Erstaunliches über Schnegel:
http://www.schnegel.at
http://www.schnegel.at
Damit Sie Ihren neuen Gartenfreund erkennen, die Zeichnungstabelle in der englischen Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Limax_maximus#/media/File:Limax_maximus_variability.jpg
Und eine gute Nachricht: Der „Bierschnegel“ wurde in diesem Jahr wiederentdeckt. In Hamburg auf der Reeperbahn.
https://www.cenak.uni-hamburg.de/aktuelles/news/2017-04-04-news.html